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Lourdes 2020 heiheem: Beschenktsein
Spiritueller Impuls von Weihbischof Leo Wagener: Montag, 20. Juli 2020
Blauer Himmel über Lourdes. Die Menschen fluten die Esplanade. Ich bin unter ihnen und begebe mich zur Statue der „Gekrönten Jungfrau“, die von ihrem Steinsockel auf die gegenüberliegenden Basiliken blickt. An dem weißen Zaungitter, das den Rosengarten, in dem die Statue steht, abgrenzt, haben die Pilger unzählige Blumengebinde angebracht. Jeder Strauß ist ein Geschenk an die Gottesmutter. Jeder Strauß ist Zeichen der Dankbarkeit und Liebe. Maria wird beschenkt. Mit Recht, denn sie ist zutiefst Beschenkte.
Das Pilgermotto dieses Jahres greift den Namen auf, mit dem sich die Dame bei der Erscheinung am 25. März 1858 vorstellte: Ich bin die Unbefleckte Empfängnis. Diese Bezeichnung möchte darauf hinweisen, dass Maria von ihrem Ursprung her ganz von Gott „geheiligt“, begnadet, beschenkt ist. Dass es an ihr keinen Makel gab, ist kein Verdienst von ihr, sondern freies Geschenk Gottes.
Wir leben in einer Gesellschaft, die auf Rentabilität setzt. Wir müssen uns täglich neu beweisen. Wir haben Vorgaben und Erwartungen zu erfüllen. Wir haben Leistung zu erbringen. Wir bekommen selbst nichts geschenkt und erwarten deshalb auch von anderen, dass sie „nicht auf der faulen Haut liegen“. Man ist hart zu sich selbst und zu anderen.
Lourdes setzt dazu einen Gegenpol. Die „Unbefleckte Empfängnis“ lehrt uns auf das zu achten, was nicht machbar und „verdienbar“ ist.
Ich überlege, was mir alles an Kostbarkeiten geschenkt wurde. Was macht mein Leben reich? In welcher Hinsicht erlebe ich mich als Beschenkte-r?
Ich möchte in diesen Tagen der geistigen Wallfahrt achtsam sein für die Geschenke des Alltags: Das Zwitschern der Vögel, das Lachen der Kinder, die kleinen Gesten der Wertschätzung, die freundlichen Worte des Miteinanders. Ich danke Gott für seine liebevolle Führung.
Weihbischof in Luxemburg