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14. März 2024

„Mein ganzer Einsatz umsonst!“?

Kommentar zum 5. Fastensonntag von Théo Klein (17.3.2024)

Keinem Menschen bleibt es erspart, im Verlauf seines Lebens Erfahrungen zu machen, die an Frustrationen, Enttäuschungen und sogar an Depressionen grenzen. Wir sind dann schnell versucht zu sagen: „Es war alles vergeblich, ich habe mich umsonst bemüht; ich bin nur älter und verbrauchter geworden; ich kann meine Zeit nicht mehr zurücknehmen; mein ganzer Einsatz war umsonst.“ Auch im kirchlichen und spirituellen Leben können solche Gedanken auftreten. Es ist sehr früh im Christentum zu beobachten, dass man „eine dunkle Nacht der Sinne und des Geistes“ (Johannes vom Kreuz) erleiden kann. Es gehört offenbar zu der Weise des Christseins dazu, dass es Zeiten der Ermattung gibt, Zeiten des Absterbens.

Der Hebräerbrief (5,7-9) kennt allerdings eine Therapie dafür. Es ist nicht ein moralischer Appel oder ein pastorales Programm, sondern die Vertiefung der Beziehung zu Christus. Wie aber geht das? Der Hebräerbrief macht deutlich, wie man das macht: Er, der ganz aus Gott kommt, „wahrer Gott und wahrer Mensch“, hat hier unter den irdischen Bedingungen Tränen vergossen, er musste gehorchen, er musste leiden. Er musste lernen, die menschliche Kondition auf sich zu nehmen. Ist das auch unsere Wirklichkeit, in der sich Gott mit uns gleichmacht, bis zu dem tiefsten Punkt wo wir sterben? „Das Weizenkorn muss sterben.“

Genau an diesem Prozess setzt er seine Kraft frei und bringt neue Frucht. Wir werden immer wieder an diesen Punkt geführt.
Diesen Punkt müssen wir wirklich erlauben, wenn unser eigenes Geschrei, unsere Tränen, unsere Verzweiflung, unseren Blick auf die Passion Christi wieder deutlich werden muss.

Augustinus kommentiert dieses Evangelium: „Der Lohn für die Nachfolge ist mit ihm zu sein“ – nicht mehr, aber keinesfalls weniger. Genau darin liegt die große Kraft. Gott selber ist die Brücke.
Es gibt keine Kluft mehr zwischen ihm und uns Menschen. Er lädt uns permanent ein über diesen Graben zu gehen. So können wir uns in die Wunden und Schmerzen Jesu hineindenken, damit wir in diesen Wunden seinen eigenen Schmerz spüren. Wir sind in seinem Leiden und Sterben aufgehoben. Er gewährt uns Zuflucht.

Viele Passionslieder laden uns dazu ein, dass wir zum Kreuz Jesu fliehen, das was uns zuerst abschreckt, wenn wir mal richtig hinschauen. Aber wenn wir wissen, wer dort leidet und warum, dann erkennen wir, dass genau dort unser Leben geborgen ist, dass es neue Frucht entfaltet, indem es sich gibt und scheinbar zu Grunde geht. An diesem toten Punkt entsteht neues Leben und wächst.

Das Leben fordert uns heraus. Ihm immer voll gerecht zu werden ist unmöglich. Aber wir können den Strom des Lebens lieben, uns freuen, weil alles immer wieder weitergeht. Es ist das Geheimnis des Lebens. Entdecken wir das Weizenkorn, das Christus und jeder von uns selber ist. Der verstorbene Kardinal von Köln, Joachim Meissner sagte: „Als Christen haben wir mehr Leben vor uns als hinter uns.“

Der Passionssonntag lädt uns bei allem Zweifel und Selbstzweifel ein, den Sinn durch das Weizenkorn, das sterben muss, zu entdecken. Das sterbende Weizenkorn ist ein zentraler Schlüssel für das Verständnis des Ostergeheimisses. Die Worte Jesu wirken so befreiend und so „natürlich“, weil sie die lebendige Natur um uns herum beschreiben und ins Leben hineinholen. Die Natur hat sakramentalen Charakter für das übernatürliche Leben. Lernen wir im Frühjahr über die Natur zu staunen, sowie über die Neuschöpfung aus der Auferstehung.

Wir sind eingeladen uns auf das österliche Geheimnis einzulassen, das letztendlich das Projekt Gottes für uns Menschen ist. Der Blick für den größeren Zusammenhang macht frei und lässt uns mutig bleiben.

Théo KLEIN s.c.j.
 
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