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Jahr A (2019-2020)  
30. Mai 2020

Der Geist Gottes weht, wo er will

Kommentar zu Pfingsten von Sr. Danièle Faltz (31.05.2020)

Es gab zwei Möglichkeiten, diesen Kommentar zum Pfingstfest vorzubereiten. Zum einen hätte ich ein paar theologische Bücher und einige gute Kommentare über den Hl. Geist lesen können, um sie dann – kurzgefasst – für viele zugänglich zu machen. Die Alternative, zu der ich mich schließlich entschlossen habe, ist folgende: ein paar persönliche Erfahrungen mit dem Leser teilen.

Mir fällt auf, dass mein Gebet zum Hl. Geist meistens einer wirklichen Not entspringt, einer Situation, in der ich erfahre, dass ich mit eigenen Mitteln nicht mehr weiterkomme. Ich erinnere mich an das eine oder andere Gespräch mit jungen Menschen, bei dem ich wirklich nicht wusste, wie ich diesem Jugendlichen weiterhelfen könnte. Die Situation war ausweglos, und dann plötzlich fiel mir das richtige Wort ein, ein guter Gedanke, von dem ich heute mit Sicherheit weiß, dass er nicht in meinem Garten gewachsen war.

Auch in Gruppen, in denen wir vereint über die Zukunft von Schule oder Gemeinschaft planten, durfte ich erfahren, dass das Gebet zum Hl. Geist und die Sensibilität für das, was im Geist Jesu zu geschehen hat, mehr als einmal neue Wege aufbrechen konnte. Da kamen mir manchmal ganz unerwartet Gedanken, welche die Reflexion entscheidend weiterbrachten, Gedanken, die ich noch nie vorher gedacht hatte.

Ähnlich erging es mir, wenn ich spürte, dass ich einen anderen Menschen zurechtweisen musste. Diese brüderliche Zurechtweisung, von der Jesus im Evangelium spricht, ist ja nicht ganz einfach. Oft ist dieser Auftrag ein Balanceakt zwischen Wahrheit und Liebe, denn der Dialog soll ja auch in Zukunft noch möglich bleiben. Auch in diesen heiklen Situationen war das Gebet zum Hl. Geist not-wendig, es half, die Not zu wenden, die Geduld zu bewahren, es schenkte mir ein hellhöriges Herz.

Keineswegs einfach ist auch diese letzte Erfahrung: das tägliche, stille Beten, Ausharren in der Gegenwart Gottes; vieles lenkt mich ab, immer wieder muss ich den gedanklichen Film abschalten. Wenn ich aber aus der Tiefe meiner Not zum Hl. Geist bete, wird mir das Geschenk zuteil, endlich bei mir selbst anzukommen, dort, wo Gott schon auf mich wartet.

Leider bete ich nicht oft genug um den Hl. Geist. Und natürlich werde ich nicht automatisch jedes Mal erhört. Aber aus Erfahrung weiss ich, dass das Gebet um den Geist der Liebe sehr wirksam ist, weil es mich einfach besser macht. Um den liebenden Geist Gottes bitten verändert die eigene Sicht, schafft Offenheit für das Neue, das Unerwartete, wandelt den Blick auf die Mitmenschen und auf die Realität. Man sieht das Positive und freut sich daran. Ist das nicht schon Gebetserhörung?

Solche Erfahrungen setzen voraus, dass man die Grenzen der eigenen Möglichkeiten sieht, sie annimmt und sie vor Gott bringen kann. Sie setzen voraus, dass man die Zügel aus der Hand gibt und sich führen lässt, dass man sich in den Dienst eines Größeren stellt, und nicht alles selbst bestimmen möchte.

Diese Erfahrungen sind für mich Pfingstereignisse, zwar ohne Sturm und ohne Feuerzungen. Sie ermöglichen im Nachhinein, das Wirken Gottes in unserem Leben zu lesen. So muss es auch Petrus ergangen sein. Er wusste von seiner eigenen Feigheit, aus Angst blieb er mit seinen Freunden hinter verschlossenen Türen. Dann plötzlich zog es ihn nach draußen, er begegnete der Menge und hatte den Mut sich öffentlich zu Jesus zu bekennen, mit allem, was das an Verfolgungen für ihn bedeutete. Das ist Pfingsten.

Jedes Mal, wenn der Mensch über seinen eigenen Schatten springt, sich zurücknimmt, um Gott und den Mitmenschen Platz zu machen, jedes Mal, wenn Gemeinschaft möglich wird, wo sonst die eigenen Bedürfnisse und Wünsche hemmen und trennen, jedes Mal, wenn Solidarität und Menschlichkeit über Individualismus und Egoismus siegen, dann ist Gottes guter Geist am Werk. Innerhalb und außerhalb der Kirche. Denn der Geist Gottes weht, wo er will.

Quelle: Luxemburger Wort

Danièle FALTZ r.d.c.
daniele.faltz@cathol.lu
 
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