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Jahr B (2017-2018)  
22. Juni 2018

Johannes – der Wegbereiter

Der Kommentar zum 12. Sonntag im Jahreskreis von Elisabeth Werner (24.6.2018)

Lk 1,57-66, 80

Der Geburtstag Johannes des Täufers drei Monate nach Mariä Verkündigung und sechs Monate vor Weihnachten wird schon seit dem vierten Jahrhundert gefeiert; das Brauchtum um den 24. Juni ist noch viel älter und geht auf die Sommersonnenwende zurück, die schon vorchristliche Kulturen mit Feuern und Erntefesten feierten. Bemerkenswert ist, dass das Hochfest des Täufers sich, wie für Jesus und Maria, auf die Geburt bezieht, während der Heiligenkalender sich ansonsten am Todestag orientiert.

Allein schon diese Umstände untermalen die Bedeutung dieses über die Jahrhunderte sehr populären – wenn auch komplexen – Heiligen als eine Lichtgestalt. Der römische Geschichtsschreiber Flavius Josephus (zirka 37-100 n. Ch.) berichtet von der außerordentlichen Anziehungskraft des Predigers in der Wüste. Die vier Evangelisten ordnen ihm gleich zu Beginn der Evangelien eine Schlüsselfunktion zu – wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten.

Der Evangelientext aus dem Lukasevangelium (Lk 1,57-66.80) steht unter dem Zeichen der Freude: Elisabeth, der Cousine Mariens, und dem Priester Zacharias im Bergland von Judäa wird ein Sohn geboren. Eine ungewöhnliche Geburt, denn das Paar ist fortgeschrittenen Alters, und Elisabeth galt als unfruchtbar. Ungewöhnlich auch die Namensgebung: Beide Eltern widersetzen sich der Tradition und beharren auf den vom Engel angekündigten Namen Johannes (Gott ist gnädig). Stumm seit der Geburtsankündigung im Tempel, erlangt Zacharias mit der Namensgebung des Sohnes den Gebrauch der Sprache wieder. In seinem freudigen Lobgesang feiert er Johannes als künftigen Propheten und Wegbereiter des Messias.

Der Evangelist Lukas erzählt als Einziger von der Geburt des Johannes; er bettet sie in die Kindheitsgeschichte Jesu ein, in der die beiden Kinder als eng verbunden erscheinen. Auch später zeigt alles auf die Nähe zu Jesus, aber letztendlich auch die in den Texten klar artikulierte Unterordnung des Johannes hin. Die spätere, historisch etablierte Taufe Jesu lässt darauf schließen, dass Jesus zu Beginn ein Jünger des Johannes war; dieser gibt jedoch Jesus den Vorrang. In dem Zusammenspiel erscheint Johannes wie ein „vorauseilender Nachfolger“. Die Jesusbewegung hat wohl ihren Ursprung im Kreis des Täufers, aus dem heraus sie sich emanzipiert hat. Mit Jesus beginnt die Heilszeit, während der Täufer sowohl der alten als auch der neuen Zeit angehört.

Für Johannes wird, anders als für seinen Vater Zacharias, nicht der Tempel in Jerusalem, sondern die Wüste zum Ort des Predigens und Wirkens. Die Wüste, so der Theologe Jens Schröter, „ist Ort des Rückzugs und der Begegnung Gottes mit Israel, der Ort, an dem er sein Volk einst bewahrt hat und an dem er es gemäß prophetischer Ankündigung wieder treffen will, um das Verhältnis zu ihm zu erneuern.“ Johannes fordert diese Erneuerung lautstark; als prophetischer Umkehrprediger stellt er Gottes Gericht vor Augen, zeigt aber auch alternative Lebensweisen- und -haltungen im Sinne ethischen, sozialgerechten Handelns auf: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.“ (Lk 3,10 ff.) Johannes meint und tut, was er sagt. Seine Zivilcourage macht nicht bei König Herodes Antipas halt, der ihn dafür einsperren und hinrichten lässt.

Unsere Lebenswelt ist eine andere, jedoch vermag Johannes, als radikale Übergangsfigur zwischen zwei Welten, uns u. a. unter dem Aspekt der ethischen Herausforderung und der Gottesnähe anzusprechen. In Zeiten des Umbruchs bietet er seinen Zeitgenossen Orientierung. Er zeigt Profil, ist aber weder machtbesessen noch ein Egoman. Er tritt stets einen Schritt zurück, um Christus den Vorrang zu lassen. Sein prophetisches Reden und Wirken ist das Gegenteil von Beliebigkeit. Wir werden immer stärker vom „Whataboutismus“ umgeben. Umso mehr lohnt es sich, Wege aus der Beliebigkeit zu suchen, auch wenn, oder gerade weil, sie manchmal in die Wüste führen.

Quelle: Luxemburger Wort

Elisabeth WERNER
 
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