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Jahr C (2015-2016)  
23. Juli 2016

Frei von Rache

24.07.2016

Lk 11, 1-13

Das Erlernen der Kommunikation mit Gott sowie das Wesen dieses Gottes, mit dem wir in Kontakt treten, stehen im Mittelpunkt der Schrifttexte dieses Sonntages.

Die Frage der Jünger im 1. Vers des 11. Kapitels des Lukas-Evangeliums leitet die Reflektion über die Zwiesprache mit Gott ein: „Jesus betete einmal an einem Ort, und als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten.“ Die Frauen und Männer, die Jesus nachfolgen, beobachteten sein Gebet mit Gott. Daraufhin bitten sie ihn, er möge sie beten lehren. In den Versen 2 bis 4 des Evangeliums finden sich Elemente unseres „Vater-unser“. Im Vers 2 steht: „Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme.“ Diese Stelle insbesondere nahmen sich die Wüstenväter zu Herzen, um nach einfachen, andauernden Formen des Gebetes zu suchen.

Einer der Zeugen dieser Zeit ist einer der Väter des Mönchtums aus dem 4./ 5. Jahrhundert nach Christus, Johannes Casssian. Wahrscheinlich um 316 nach Christus ist er in den Dobrudschen, in Rumänien und Bulgarien nahe des Schwarzen Meeres geboren. Um 435 nach Christus ist er in Marseille gestorben. Zeit seines Lebens war er auf der Suche nach wirksamen, einfachen, tiefen und nachhaltig-kontemplativen Formen des Gebetes. Johannes Cassian studierte nicht nur 
die kopflastige Theologie, sondern lebte einige Zeit mit den Wüstenvätern. Besonders in seiner Schrift „Collationes Patrum“, den Gesprächen mit den Vätern, flossen die Gebetserfahrungen der Wüstenväter, auch des Antonius und des Pachomios, mit ein. Insbesondere, um die Zerstreuung während des Gebetes zu mindern und ganz im Hier und Jetzt zu leben, empfahl er dort sogenannte „forma“, innere Worte. Einer dieser Sätze ist das „O Gott, komm mir zur Hilfe“. Hiermit wird bis heute das Stundengebet begonnen. Es ist die Suche nach einem Satz, einem heiligen Wort, einem Mantra, um ganz vom Bewusstsein von der Gegenwart Gottes erfüllt zu werden. Einen heiligen Namen zitieren, den Namen Gottes, um ganz von ihm erfüllt zu werden. Daraus ist das „Ruhegebet“ entstanden, in dem etwa der Betende während der Zeit der inneren Anbetung, der Ruhe und Meditation immer wieder etwa das aramäische Wort „Maranatha“ wiederholt, „Komm, o Herr“. Es geht darum, ganz in die Ruhe und damit zu Gott und zu mir selbst zu kommen.

Im Blick auf die Lesungen kann uns bewusst werden, von welchem Gott wir im Gebet durchdrungen werden wollen. In der Begegnung mit 
Abraham rund um Sodom zeigt sich, dass unser Gott ein Gott der Barmherzigkeit, des heißen Herzens und der Gewaltlosigkeit ist – frei von Rache. Ein Gott der: „den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben“ (Kol 2, 14) hat. Von diesem Wesenszug unseres Gottes können wir uns erfüllen lassen und ihm begegnen im Gebet, um schließlich selbst zu „Vögeln des Himmels“ und „Lilien des Feldes“ zu werden. So wird durch unser Leben bezeugt, dass Schönheit, Leistung, die Gewalt des Stärkeren, Zerstörung und Tod nicht alles sind – vor allem nicht das letzte Wort Gottes.

Das ist Aufforderung und Trost zugleich: Aufforderung, sich von dem Wesen Gottes durchdringen zu lassen. Trost, der uns im Alltag zu größerer Gelassenheit und Hoffnung führen kann. Trotz aktueller Chiffren von Hoffnungslosigkeit wie Nice, Türkei oder Umweltzerstörung. Ein Impuls für die Ferien und darüber hinaus.

Karsten STEIL-WILKE
karsten.steil@cathol.lu
 
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