lb | fr | pt | en | de |
Das Bild des leeren Grabes
Wegweiser zu Ostern (16.04.2017)
Routiniert feiern wie wir jedes Jahr Ostern. Priester fahren in Autos, staufrei, es ist Feiertag, von Auferstehungsfeier zu Auferstehungsfeier. Weit über einhundert Messen, wenn ich mich nicht verzählt habe, sind zu feiern. Wie wollen wir dem Tod seinen Stachel ziehen, wenn wir nicht einmal unserer religiösen Routine den Stachel ziehen wollen. Ist Routine nicht auch ein Synonym für Tod?
„Es müsste eine Versicherung geben, die nicht von dieser Welt ist.“ schreibt die Dichterin Ingeborg Bachmann. Dieses „müsste“ liest sich voll ersehnter Verheißung. Es spricht über einen welt-fremden Halt, der in unser Leben treten möge. Mit liturgischen Routinen, mit einer leer gewordenen Sprache über die Dinge des Glaubens, meinen wir eine Kirche oder gar einen Glauben zu erhalten (konservieren), der Menschen ansprechen soll, deren Leben mehr und mehr von genormten Abläufen eingeengt ist.
Chronos: das Kirchenjahr, präzise wie ein Schweizer Uhrwerk. Kairos: verdichteter Augenblick, unerwartete Unterbrechung religiöser Gewohnheiten. Widerfahrnis! Ostern! Das Bild des leeren Grabes. Ein Raum, frei und leer von religiösen Gewissheiten und Regeln. Ein offener Raum, der mich mit Schaudern anzieht, in den ich eintrete, in dem ich mich frage: „Wer bin ich? Bin ich wer?“ Paulus schreibt an die Korinther: „Jetzt sehen wir durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht.“
(Quelle: wort.lu)