Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
Kommentar zum 4. Adventssonntag von Milly Hellers (22.12.2024)
Maria machte sich auf den Weg. Entsprechend dem Bericht vom LukasEvangelium hatte der Engel Gabriel die junge Frau besucht und ihr verkündet, dass sie bei Gott Gnade gefunden habe, dass sie schwanger und einen Sohn gebären würde. Stellen wir uns die Situation vor. Welch ein Schock! Viele offene Fragen. Dazu kam noch die Mitteilung, dass auch Elisabeth, ihre Kusine in hohem Alter jetzt schwanger geworden sei. Trotz unzähliger Fragen, trotz dass es in der damaligen Zeit und Kultur doch undenkbar war, dass eine unverheiratete junge Frau schwanger sei, gab Maria ihr Einverständnis mit diesem neuen Plan Gottes für ihr Leben. Sie sagte: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du gesagt hast.
Dann machte sie sich auf den Weg zu ihrer Kusine. Ging sie allein oder wurde sie begleitet von Joseph, ihrem Verlobten? Ging sie den Weg zu Fuß oder getragen von einem Lasttier? Von all dem steht nichts in der Bibel. Der Weg von Nazareth nach Ein Karem, einer Stadt im Bergland von Judäa, etwa 6,5 km von Jerusalem entfernt, führte über Berg und Tal. Es war eine Distanz von etwa 150 km ohne geteerte Wege und Straßen durch Höhen und Tiefen. Auch gab es damals weder GPS, TGV, noch Zug.
Eine echte Herausforderung. Was aber bewegte Maria, dass sie diese lange Reise auf sich nahm? Sie habe Elisabeth helfen wollen ist oftmals die Erklärung. Ich wage noch eine andere Vermutung. Sie möchte der Wahrheit nachgehen. Vielleicht wollte sie ihrer Kusine Elisabeth begegnen, sie sehen – und von ihr die Bestätigung der Worte des Engels hören, dass auch sie schwanger sei.
Maria brach auf. Von dem langen Weg wird nicht berichtet. Nur, dass sie es eilig hatte. Schlussendlich nach mehreren Tagen kam sie an. Die beiden Frauen begegneten – ja, sie „erkannten“ sich, woraufhin Elisabeth, vom Heiligen Geist erfüllt sagte: „Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt… Siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.“ Welch eine emotionale Erfahrung muss das gewesen sein – für beide Frauen – waren doch beide unter unmöglichen Umständen schwanger geworden. Als aber Maria die Worte von Elisabeth hörte, war dies für sie die Bestätigung der Worte vom Engel Gabriel. Das darauffolgende Gebet des Magnificat von Maria ist heute aus dem Gotteslob der Christinnen und Christen nicht wegzudenken.
Auch die Worte von Elisabeth, wie sie in der Bibel stehen, gingen in die kirchlichen Geschichtsbücher ein und werden bis heute in allen Ländern der Welt, wo Christen und Christinnen leben im Rosenkranzgebet gesprochen. Beide Frauen gebaren ein Kind, deren Leben Geschichte machte und - bis heute – Leben und Glauben von Millionen Menschen aller Kontinente bewegt.
Stellen wir uns diese biblische Szene, die große Freude der beiden schwangeren Frauen vor. Damals ahnten die beiden werdenden Mütter wohl kaum die Freuden, aber auch die Leiden, welche die Geburt ihrer Kinder, Jesus und Johannes (der Täufer), bringen würde.
Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Maria – Trösterin der Betrübten – wie wir sie in Luxemburg seit 400 Jahren nennen und verehren, gehört zu unserer kirchlichen Glaubensgeschichte. Wie damals Elisabeth freuen vielleicht auch wir uns über die Beziehung mit der Mutter Jesu, der, wie so vielen Menschen auch heute, Leiden und Ängste nicht erspart blieben. Wir sind eingeladen ihr die hochaktuellen Erdgeschehen aber auch unsere persönlichen Anliegen anzuvertrauen – im Glauben – und in der Hoffnung, dass ihr Sohn Jesus, dank dem mutigen Jawort seiner Mutter, heute auch mit uns ist.