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Synodalisierung: Zerreißprobe oder Reformchance?
Nachlese zu den Veranstaltungen mit Prof. Paul M. Zulehner (Audiodatei und Fotos)
Der Pastoraltheologe Paul M. Zulehner besuchte vom 19.-20. Oktober Luxemburg. Auf Einladung der Service Communication et Presse, der ErwuesseBildung, des Centre de formation diocésain Jean XXIII und der Zeitschrift ’Forum’* stellte er seine Überlegungen zur Synodalisierung vor. Im Austausch mit den Teilnehmer.innen der Veranstaltungen kamen lokale und auch weltkirchliche Themen und Sorgen zur Sprache.
Austausch zwischen Paul M. Zulehner, Jean-Marie Weber und Michel Pauly:
Alternativ können Sie den Austausch im Replay als Video mitverfolgen.
Gérard Kieffer, SCP
Der von Papst Franziskus initiierte Synodale Prozess der Weltkirche ist für den Wiener Theologen Paul Zulehner „zutiefst ur-christlich“. Um dem christlichen Auftrag in der Nachfolge Jesu nachzukommen, müsse Kirche „von Gott her in die Niederungen der Welt eintauchen, um gerade dort würdevolles Leben zu ermöglichen“, betonte der Religionssoziologe.
Zulehner sprach über die gesellschafts-politische und spirituelle Verantwortung der Kirche in Krisenzeiten. Seit dem Beginn der „Jesusbewegung“ sei diese immer wieder ein Balanceakt zwischen unterschiedlichen Perspektiven und Strömungen gewesen, wodurch das Gesicht der Kirche geprägt worden sei, erläuterte Zulehner.
Gleichzeitig warne er aber vor einer übermäßigen Selbstorientierung der Kirche: „Verliert die Kirche aus dem Blick, dass ihr Auftrag zu Mission und Verkündigung die Sorge um die Menschen und die Welt im Zentrum haben muss, dann droht eine ’Kirchenimplosion’.“
Kirche müsse immer die Frage nach dem „gelingendem Leben in Fülle“ für alle Menschen in den Fokus nehmen. Keinen Zweifel ließ der Theologe daran, dass ein Großteil der kirchlichen Arbeit an bzw. jenseits ihrer Grenzen stattfinden müsse. „Zwei Drittel der kirchlichen Energie müssten sich den Menschen am Rand und der Welt im Ganzen widmen - denn genau für diese ist die Kirche da.“ Ihr Auftrag sei nicht die Verwaltung des Eigenen, sondern die Begleitung und Ermächtigung aller zu einem menschenwürdigen Leben.
„Kein Evakuierungstrupp in den Himmel“
Er plädiere deshalb für eine Kirche, die ihre eigene Gottverbundenheit pflege, ihre spirituelle Tiefe ernst nehme, in weiterer Folge aber keine Scheu davor habe, tief in die Fragen, Sorgen und Nöte der Welt einzutauchen und diese Problemfelder zu ihren eigenen zu machen. „Kirche ist kein Evakuierungstrupp in den Himmel, sondern sie soll der taumelnden Welt Hoffnung, Lebensmöglichkeiten und Perspektiven bringen“, unterstrich der Pastoraltheologe.
Für eine Glaubensgemeinschaft im Sinne Jesu könne es deshalb nur Formen von Theologie und Pastoral geben, welche die Gläubigen zu einem selbstständigen Handeln ermächtigen. Dies erfordere aber eine Haltung, die den Menschen etwas zutraut. Das lasse sich besonders bei Papst Franziskus erkennen, so Zulehner, wenn der Pontifex bei Entscheidungsprozessen so viele Menschen wie möglich einbeziehe.
„Synodalität heißt letzten Endes auch immer, dass man Widerstände und Gegenstimmen kreativ in einen gemeinsamen Prozess einbinden muss.“ Dies geschehe nicht in abgeschlossenen Kammern, sondern in offenen Begegnungsräumen, in denen Menschen zusammenkommen und um den Auftrag Jesu an die Gläubigen und die Kirche ringen, so der emeritierte Wiener Universitätsprofessor.
(KAP)