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Persönliche Kommentare  
30. April 2016

Wenn nur noch die Neutralität „heilig“ ist

Ein persönlicher Kommentar

Man wäre geneigt zu sagen: Wehret den Anfängen! Doch es sind längst nicht mehr die Anfänge einer übereifrig betriebenen und politisch motivierten Säkularisierung ohne Not, die offensichtlich nicht schnell genug voranschreiten kann. Von der Maxime „Jetzt oder nie“ getrieben, wird Stein um Stein umgedreht, um nachzusehen, ob sich darunter ja nichts Religiöses verbirgt. Denn Religiöses - gemeint ist wohl vielfach Katholisches (manchmal auch Muslimisches) - scheint ein Dorn im Auge einer „ganzen“ Nation zu sein, sonst wäre das emsige Treiben einiger Volksvertreter kaum erklärbar. Religiöses im öffentlichen Raum, das kann nicht sein. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, muss mit Vergangenem aufgeräumt werden, denn wo bitte bleibt da unsere nationale Neutralität, die sacro sancte Neutralität.

Zunächst wollte man die Vertreter von Staat und Gesellschaft, das Who’s who aus Luxemburg und darüber hinaus, wichtige Pfeiler der Intelligenzia wären einige geneigt zu sagen, vom Te Deum weglotsen...im Sinne der staatlichen Neutralität und des gesellschaftlichen Pluralismus. Dann war es an der Reihe der jüngeren Generation, der nächsten Generation der Entscheidungsträger - sprich unserer Kinder und Jugendlichen. Sie gilt es vom Religionsunterricht zu „befreien“ und den „Pilgertag“ in seiner bisherigen Form abzuschaffen...wohl auch im Sinne der staatlichen Neutralität und des gesellschaftlichen Pluralismus. Dazwischen dachte man auch an die Kommunen und ihre „große Last“ mit den vielen Kirchen, Kapellen und Pfarrhäusern. Dies darf natürlich nicht so sein/bleiben...im Sinne der staatlichen Neutralität und des gesellschaftlichen Pluralismus.

Nun also die alten und kranken Menschen. Mitten in der Muttergottesoktave wird die parlamentarische Frage gestellt, wie die Krankenhäuser und Alten- bzw. Pflegeheime es denn mit dem Religiösen und Ähnlichem mehr hielten. Wie viele Kapellen es denn dort gäbe? Etwa sichtbare religiöse Zeichen? Wer das alles bezahle? Und, oh Gott, wie man garantiere, dass die Religion nicht die Qualität der Pflege beeinträchtige? Wie bitte? Liebe Leser, ich muss diese 4. Frage (die übrigen erspare ich Ihnen lieber) im O-Ton wiedergeben: „Comment garantir que la religion des personnels et des patients ne porte atteinte ni à la qualité des soins et aux règles d’hygiène, ni à la tranquillité des autres hospitalisés, ni au fonctionnement du service, ni à la planification des équipes de personnels? Des formations spéciales seront-elles prévues?“

Was wird in diesen zwei Sätzen unterschwellig nicht alles suggeriert? Jedes einzelne Wort dieser Frage wäre einen eigenen (nicht sehr freundlichen) Kommentar wert! Wer das liest und einigermaßen erfasst, was zwischen den Zeilen steht, muss Religion als Gefahr für Leib und Leben ansehen...oder als zumindest potentiel gefährlich für die Gesundheit unserer Mitmenschen. Gut, dass ich gerade nicht krank bin...

Mitten in der Oktave (sehr stilvoll!). Mitten während einer Wallfahrt die gerade auch älteren und kranken Menschen sehr viel bedeutet; die, sofern möglich, noch mit Freude und tiefer Marienverbundenheit in die Kathedrale kommen oder die Andacht am Fernsehen oder im Internet von ihrem Krankenlager oder von zu Hause aus verfolgen. Wer - und hier muss ich kurz aus eigener Erfahrung sprechen - aus familiären Gründen während der letzten vier Monate viele Stunden in manchen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen verbracht hat, weiß, was Religion und Glaube älteren und kranken Menschen bedeutet. Nicht allen, aber doch einem guten Teil. Wie sie sich auf den Gottesdienst in den Einrichtungen, den Empfang der Kommunion oder die Präsenz und das gute Wort der Seelsorger freuen... nicht nur während der Oktave. Wollen wir echt diesen Frauen und Männern diese Präsenz des Religiösen und den Halt und die Hoffnung, die daraus erwachsen, in schweren Stunden nehmen?

Auf die Antwort der in der parlamentarischen Frage visierten Minister für Kultus, Gesundheit sowie Familie und Integration (fast die halbe Regierung!) kann man gespannt sein und nur hoffen, dass daraus mehr als reine Ideologie spricht, sondern gesunder Menschenverstand und ein Herz für die Sorgen, die auch religiösen Bedürfnisse und das Wohlergeben der älteren Generation. Wenn man auch für sich selbst Religion als unwesentlich und unwichtig empfindet, so ist es doch ziemlich menschenfremd dies auf die Gesamtgesellschaft zu extrapolieren.

Arm ist ein Land nicht dann, wenn es über Luxleaks stolpert und Wirtschaftskrisen durchleidet, sondern wenn nur noch die Neutralität „heilig“ ist. Wer allein Neutralität auf seine Fahne schreibt, hat seine Identität längst aufgegeben. Incolore, inodore, insipide...und an der Realität vorbei!

Roger NILLES
roger.nilles@cathol.lu
 
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