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Persönliche Kommentare  
10. Juni 2016

Vom Fußball lernen...

Ein persönlicher Kommentar - auch (oder gerade) für Nicht-Fußballfans - zum EM-Auftakt

Der Ball rollt: Es ist EM! Bis zum 10. Juli wird sich nicht jedes Gespräch, aber doch viele um Fußball drehen, um Sieg und Niederlage, um Match-Winner und Verlierer, um geniale Tore und verpasste Chancen ... Um Superlative wird kein Fernsehkommentator oder „Experte“ verlegen sein: „Hexenkessel“-Atmosphäre, historische Niederlage, Schwalbenkönig, dramatische Minuten, tragische Helden, am Boden zerstörte Spieler, Traumfinale, eine ganze Nation weint / feiert ... und dergleichen mehr - auch der Fußballgott (wer immer das sein mag) wird sicher bemüht. Und ich bin überzeugt, auch der eine oder andere Pfarrer wird während der EM Fußballweisheiten oder -sprüche als Steilvorlage in seine Predigt einbauen - ganze Bücher gibt es dazu. Dabei wird es wohl kaum nur um ebenso platte, wie vermutlich wahre Sprüche gehen wie „Das nächste Spiel ist das schwerste“, „Das Spiel dauert 90 Minuten“, „Angriff ist die beste Verteidigung“ oder „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ ...

Doch ernsthaft. Können wir vom Fußball lernen? Wir können!

Da wäre zunächst einmal der „Team“-Geist zu nennen. Nur eine Mannschaft, die als solche auftritt, hat auf Dauer Aussicht auf Erfolg - und kann auch eine Niederlage wegstecken. Die Qualität der Mannschaft steht über dem Talent des Einzelnen - und zugleich muss jeder im Team das Beste aus sich herausholen ... für das Kollektiv, die Gemeinschaft. Gilt das nicht auch für die Kirche?

Da wäre dann die Leidenschaft. Wir müssen brennen für unsere Sache, überzeugt (aber nicht verbissen) sein und aufs Spielfeld laufen, als wäre es die Partie des Jahres. Die Spieler müssen fokussiert sein, die Fans mitreißen, Einsatz zeigen, bei Rückschlägen nicht aufstecken, sondern nach vorne sehen und daran glauben ... Gilt das nicht auch für die Kirche?

Da wäre auch das Durchhaltevermögen zu erwähnen. Ob im Tabellenkeller, einen Schritt von der Relegation entfernt, ob in der Kreisliga oder in der Championsleague - jede Mannschaft braucht einen langen Atem ... und darf das Ziel - ob Klassenerhalt oder Meistertitel - nicht aus den Augen verlieren. Dabei gilt es sich auf klassische Tugenden zu besinnen, taktisch klug zu sein, die Mannschaft aufzubauen, aufopferungsvoll zu trainieren, sich für seine Mitspieler „reinzuhängen“, geduldig zu sein ... und nicht die Hände in den Schoß zu legen und auf bessere Tage zu hoffen. Gilt das nicht auch für die Kirche?

Vergessen wir nicht den Fair-Play. Im Fußball gibt es eine Regel, die genau so wohl nicht auf dem Papier steht, aber doch vom Schiri geahndet wird, wenn er Gegenteiliges sieht. „Immer den Ball spielen, nicht den Gegner.“ Bei allem Einsatz müssen wir den Gegenüber respektieren, Fouls vermeiden und auch schon mal eigene Fehler eingestehen, anstatt gestenreich einen Elfer einzufordern. Selbst kleine Gesten des Fair-Play honorieren die Zuschauer.

Schließlich brauchen wir Stadionatmosphäre. Der Funke muss überspringen. Die Fußballstadien scheinen für viele die Kathedralen des 21. Jahrhunderts zu sein. Die Spielweise muss bewegen, begeistern. Die Mannschaften brauchen die Fans, die mitfiebern, die singen (manchmal auch beten) und ihre Mannschaft mittragen. Vor leeren Tribünen verkommt jedes Match zum Krampf. Es braucht Gemeinschaft und Wir-Gefühl ... und eine klare Botschaft. Gilt das nicht auch für die Kirche?

Wir können noch mehr vom Fußball lernen ...und zwar auch, was es - unbedingt - zu vermeiden gilt. Dass allein Geld im Vordergrund steht, dass Spielertransfers unermessliche Summen erreichen, dass verletzte Spieler wie Waren aussortiert werden, dass Trainer als erste gehen müssen, wenn der Erfolg ausbleibt, dass der Gegner bei jeder Ballannahme ausgepfiffen wird, dass im oder im Umfeld des Stadions randaliert und blöde Sprüche skandiert werden, dass es im Leben immer nur ums Gewinnen geht und der Schiri meistens unrecht hat, dass Schwalben Spiele entscheiden ...und schließlich, dass man Fußball für zu wichtig nimmt - und man vom ersten Vorbericht bis zur letzten Spielanalyse spätabends vor dem Kasten sitzt, dabei Familie, Freizeit und Beruf vergisst.

Fußball ist ein Spiel, oder wie man häufig hört, die schönste Nebensache der Welt ... das soll sie auch bleiben ... und doch kann man hier einiges lernen, über den Menschen und über das Leben ... und für die Kirche!

Roger NILLES
roger.nilles@cathol.lu
 
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