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Priedegten 2022  
14. Mai 2022

Unter dem Kreuz stehen

Lauschtert a liest d’Oktavpriedegt vum P. Théo Klein SCJ (14. Mee 2022)

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 19,25-27)

Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala.

Als Jesus die Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zur Mutter: Frau, siehe, dein Sohn!

Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Wenn ein Kind sich verletzt, wenn es krank ist, dann denkt es sofort an seine Mama und ruft nach ihr. Und nicht nur bei Kindern erleben wir das. Auch Erwachsene, wenn sie krank sind, wenn es ihnen nicht gut geht, denken sie an ihre Mutter und rufen nach ihr. Die Mutter gehört sozusagen zu unserer DNA: ohne Mutter kein Leben, kein Trost. Die Mutter hat uns das Leben geschenkt. Sie hat einen besonderen Platz in unserem Leben, in unserer Biographie. Viele von uns haben in ihrem Zimmer ein Foto ihrer Mutter, die einen Ehrenplatz einnimmt. Eine gute Mutter setzt sich nicht in den Mittelpunkt, aber sie ist da.

Jesus hat uns seine Mutter anvertraut. Wir haben die letzten Worte Jesu am Kreuz gehört. Als Jesus am Kreuz seine Mutter und bei ihr den Lieblingsjünger Johannes sah, sagte er zu seiner Mutter: „Frau, siehe dein Sohn“, und zum Jünger: „ Siehe, deine Mutter“. Diese Wirte gelten auch uns. Wie dem Jünger damals vertraut Jesus uns auch heute seine Mutter an, und wir sind alle Kinder dieser guten Mutter. Was Schöneres und Kostbareres könnte Jesus uns denn geben als seine eigene Mutter?

Warum aber vertraut er sie uns an? Wohl deshalb, weil Jesus weiß und darauf vertraut, dass seine Mutter bei uns gut aufgehoben ist. Wie bei Verliebten die Mutter der einen auch Mutter des anderen wird, so wird die Mutter Jesu auch unsere Mutter, weil er uns liebt. Maria will nichts anderes, als uns zu Jesus, ihrem Sohn führen. Hier entsteht im buchstäblichen Sinn Kirche, nämlich dort, wo Jesus Johannes der Mutter anvertraut und Maria dem Johannes anheimgibt. Wenn es dann anschließend im Johannesevangelium heißt, dass der Jünger „von jener Stunde an“ Maria zu sich nahm, dann dürfen wir darum die tiefste Wurzel der Kirche wahrnehmen.

Diese schöne Szene zeigt auch, dass die Kirche nicht nur unter dem Kreuz entstanden ist, sondern immer Kirche unter dem Kreuz ist. Wenn wir die Zeichen der Zeit und ihre Herausforderungen für die Kirche ernst nehmen, dann müssen wir erkennen: Gott weist uns gerade heute diesen Ort unter dem Kreuz unerbittlich zu. Jeder hat eine Last im Leben zutragen. Das Kreuz kann eine schwere Krankheit sein. Es ist kein Zufall, dass Jesus dem Jünger und damit auch uns seine Mutter gerade unter dem Kreuz anvertraut hat. Wenn wir mit Maria unter dem Kreuz Jesu stehen, werden auch wir solidarisch mit den vielen Menschen, die heute ein schweres Kreuz zu tragen haben.

Solidarität ist gefragt. Mein tiefer Dank und Respekt gilt allen, die Kranken beistehen, sie begleiten – für alle sichtbaren und unsichtbaren Dienste. Solidarisch sein untereinander mit den Kranken mit Maria, sie, die unter dem Kreuz auch Mitbeterin und Fürbitterin ist, an die wir uns vertrauensvoll wenden dürfen. Wir sind deshalb auch eingeladen, uns Zeit zu nehmen für das Gebet. Zeit des Gebetes ist Zeit, die wir für Gott schenken und deshalb niemals verlorene Zeit, sondern vielmehr „erfüllte Zeit“. Wer sich darauf einlässt, wird erfahren, dass die für Gott verlorene Zeit sich wandelt zu der für uns Menschen gewonnenen Zeit. Wie wir bei Wanderungen immer wieder Raststätten brauchen, um uns in der Landschaft neu zu orientieren, so brauchen wir auf dem christlichen Lebensweg immer wieder das Gebet als Ort der Ruhe und Besinnung, um uns vor Gottes Angesicht neu zu orientieren und den Sinn unseres Lebens neu zu finden. Das tägliche Gebet ist gleichsam der Kompass, mit dem wir uns auf der Landkarte unseres Lebens zurechtfinden können.

Maria selbst will uns dazu ermutigen, die persönliche Beziehung mit Christus im Gebet jeden Tag zu pflegen – selbst dann, wenn wir den Eindruck gewinnen sollten, dass das Beten nichts bringt. Im Gebet treten wir vor Gott und fragen nach seinem Ruf in unserem Leben, mit dem jede Geschichte mit Gott beginnt wie bei Maria. Wie Gott Maria bei ihrem Namen gerufen hat, die Mutter seines Sohnes zu werden, so ruft Gott auch jeden einzelnen von uns bei seinem Namen. Einen solchen Ruf hält Gott für jeden Christen bereit, und zwar in der Taufe. In ihr wird der Mensch aufgenommen in die Gemeinschaft der Kirche. Entdecken wir die Schönheit des Evangeliums – auch in schweren turbulenten Zeiten. Keiner ist abgeschrieben vom Evangelium, auch nicht in der Krankheit. Viele kranke Menschen, denen ich im Laufe des Lebens begegnet bin, haben mir oft die richtigen Prioritäten gezeigt. Unser Leben ist mehr als Leistung, Power. Viele kranke Menschen haben mir neue Freude an der Schönheit des Glaubens hinterlassen. Das Gebet von Kranken stärkt mich. Wir sind im Gebet miteinander verbunden. Das ist schön.

Wir brauchen immer wieder Zeichen von Zuneigung, Zeichen von Zärtlichkeit. Wir brauchen immer wieder die Zeichen der Zärtlichkeit von Gott. In der Krankensalbung soll uns vermittelt werden, dass Gott uns in unserem Gebrechen im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe aufrichtet. Es versteht sich für einen gläubigen Christen von selbst, dass dieses Sakrament in der Situation des Krankseins die vom Arzt verordnete Medizin nicht ersetzt. Es versteht sich umgekehrt von selbst, dass auch die beste Medizin und der erfahrenste Arzt den Segen und die Heilsmacht Gottes nicht ersetzen können. Glaube und Gebet erweisen sich dann auch als die einzig angemessene Antwort auf den unbeirrbar treuen Gast beim kranken Menschen und sein Gastgeschenk der liebenden Zärtlichkeit, die sich im Sakrament der Krankensalbung manifestiert. Die Grundhaltung von Glauben und Gebet lässt uns die Liturgie der Krankensalbung feiern: voll Dankbarkeit für den willkommenen Gast auf unserer Erde und voll Hoffnung auf seine Heilsmacht, die er als seine schöne Aufmerksamkeit mit sich bringt, Ja, Glaube ist schön.

 
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