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Bicher-Rezensiounen . Recensions de livres  
6. November 2017

Thomas Dienberg: Unerschrocken

Religiöses Buch des Monats November 2017

Wenn man statistischen Erhebungen glauben darf, dann ist der „Angstindex“ der Deutschen im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent gestiegen, und auch im Jahr 2017 liegen die größten Ängste der Deutschen weit über dem üblichen Niveau - Terrorismus und politischer Extremismus, mögliche Spannungen durch den Zuzug von Ausländern bereiten den meisten Menschen große Sorgen. „Fürchtet Euch nicht!“ ist dagegen eine der immer wiederkehrenden Botschaften der Bibel. Aber ruft die Heilige Schrift damit nicht zu einem unrealistischen Optimismus auf, der die Probleme dieser Welt einfach nicht wahrhaben möchte?

Der Kapuzinerpater Thomas Dienberg, Professor für Theologie der Spiritualität, tritt in seinem neuen Buch „Unerschrocken“ dafür ein, die Ängste der Menschen anzuerkennen und nicht zu verdrängen. Angst ist ja auch nicht nur ein destruktives Gefühl, sondern rät dem Menschen in gefährlichen Situationen zur Vorsicht und hilft ihm so zu überleben. Und auch Jesus selbst hat schließlich Angst erlebt, im Garten von Gethsemane, eine tiefe Angst vor Leiden und Tod. Angst zu haben ist also durchaus menschlich, stellt Dienberg fest, entscheidend ist nun aber, wie der Mensch mit der Angst umgeht - und da kann der Glaube dabei helfen, Wege zu finden, sich in seinem Handeln nicht ganz von seinen Ängsten bestimmen zu lassen. „Unerschrockenheit“ ist also eine aus dem Glauben erwachsende Tugend, die dem Menschen hilft, allen auch noch so berechtigten Ängsten mit Gleichmut, Gelassenheit und Großmut zu begegnen.

Zunächst stellt Dienberg fünf „unerschrockene Gestalten“ vor, die als Vorbild dienen können, wie man das Leben auch in außergewöhnlich angstvollen Zeiten mutig aus dem Glauben gestalten kann. Dietrich Bonhoeffer, Oscar Arnulfo Romero und Martin Luther King leisteten allen Ängsten zum Trotz mutig gewaltlosen Widerstand gegen Diktatur, Unterdrückung oder Rassenhass und waren bereit, am Ende mit ihrem Leben für ihren Glauben einzustehen. Dienberg führt aber auch zwei Vorbilder der „Unerschrockenheit“ vor, die ihren Glauben nicht nur gegen äußere Widerstände, sondern vor allem in ihrem Inneren selbst verteidigen und dabei ebenfalls manche Ängste überstehen mussten: Therese von Lisieux, die im Kloster lange Zeiten der Abwesenheit Gottes erlebte und dennoch ihre Liebe zu ihm nicht aufgab, und Etty Hillesum, die als niederländische Jüdin die Deportation in ein Durchgangs- und dann in das Konzentrationslager ertrug, ohne je ihr Vertrauen in Gott zu verlieren.

Gott nicht in Ruhe lassen

Aus diesen Schicksalen arbeitet Thomas Dienberg dann exemplarische „Haltungen der Unerschrockenheit“ heraus, die uns einen bewussten und befreiten Umgang mit unseren Ängsten ermöglichen: Es gilt zunächst, die eigenen Ängste wahrzunehmen und sich ihnen zu stellen; es geht aber auch darum, sich seine Sehnsucht einzugestehen und sie in ihrer Unerfülltheit offenzuhalten. Es ist einerseits wichtig, auch mit manchen unbeantworteten Fragen leben und ein „Ich weiß es nicht“ stehen lassen zu können; andererseits sollte man auch Gott nicht in Ruhe lassen, nicht irgendwann resignieren angesichts von Leid und Ungerechtigkeit in der Welt, damit das Leben nicht einfach in eintönige Sinnlosigkeit mündet. Unverzichtbar für den Glauben ist ein gewisser Mut, Zeugnis und Bekenntnis dafür abzulegen, woran man glaubt - dazu braucht es aber auch das Vertrauen, dass man trotz aller Stürme im Letzten von Gott gewollt und gehalten ist. An diesem Punkt erweist sich für Thomas Dienberg auch noch einmal, was sich schon bei der Analyse der Angst gezeigt hatte: Letztlich ist jede menschliche Angst zurückzuführen auf die Angst vor dem Tod - diese kann aber im Glauben überwunden werden.

Ein größerer Anhang enthält dann Texte verschiedener Autoren mit Weiterführungen zu einzelnen Aspekten des Themas, aufbereitet durch Impulsfragen Dienbergs zum Weiterdenken. So kann das Buch gut dazu dienen, dass sich die Leserinnen und Leser nach ihren eigenen Ängsten fragen, um diesen in Zukunft „unerschrockener“ zu begegnen.

Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der St. Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.

 
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