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Andreas R. Batlogg: Durchkreuzt. Mein Leben mit der Diagnose Krebs
Religiöses Buch des Monats Mai 2019
Wir kennen das eigentlich alle: Da machen wir ausgefeilte Pläne für die nächsten Wochen, Monate und Jahre, doch dann durchkreuzt irgendein ein unerwartetes Ereignis unsere schönen Vorstellungen! Wenn das Unvorhergesehene allerdings in einer schweren, ja lebensbedrohlichen Krankheit besteht, bekommt das Wort „durchkreuzen“ für religiöse Menschen noch einmal einen tieferen Sinn – der typografisch zweifarbig gestaltete Titel des Buches von Andreas Batlogg weist bereits unmissverständlich darauf hin. Nach anstrengenden 17 Jahren in der Redaktion der Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ steht für den 54-jährigen Jesuiten ein Sabbatjahr in Israel kurz bevor, als ihn aus heiterem Himmel die Diagnose Darmkrebs ereilt – ein bösartiger Tumor und bereits ziemlich groß. Auf einen Schlag platzen alle Vorhaben, eine sofortige intensive Behandlung ist unerlässlich, die Krankheit beansprucht alle Kräfte und alle Gedanken – bis hin zur bohrenden Frage, ob vielleicht der baldige Tod bevorsteht.
Es folgt ein viele Monate dauernder Behandlungsweg mit Bestrahlungen und Chemotherapie sowie insgesamt vier Operationen. Ein Weg voller Ängste, Einbußen und Einschränkungen, die nicht nur den Leib schwächen, sondern auch zu seelischen Belastungen werden. Der Autor beschönigt hier nichts, aber auch gar nichts und er gibt ganz offen zu, dass vieles eher oberflächlich gehaltene fromme Gerede auf dem Prüfstand einer solchen Extremsituation nicht standhält, dass überhaupt vorschnelle Vertröstungen versagen. Und doch öffnet ihm die Krankheit auch die Augen für Neues, lässt ihn neue Perspektiven einnehmen und zeigt, was wirklich Trost spenden kann: menschliche Zuwendung, die nicht viele Worte macht, echte Freundschaften und nicht zuletzt der Glaube an einen liebenden Gott, der in Jesus Christus wirklich immer für uns da ist. Diese spirituelle Einsicht gewinnt freilich erst durch die durchlittene Realität hindurch ihre eigentliche Wahrheit.
„Vielleicht reden wir Christen manchmal zu schnell von Auferstehung – und übergehen auf dem Weg zum Ostermorgen das, was ihm vorausging“, schreibt Batlogg. Der christliche Glaube gründet sich eben gerade nicht auf eine ungebrochene Erfolgsgeschichte nach den Maßstäben dieser Welt: „Am Leben Jesu teilnehmen bedeutet auch, am Leiden Jesu teilnehmen, Kreuzerfahrungen machen, Erfahrungen der Verlassenheit, des Nicht-Verstanden-Werdens, der Sprachlosigkeit. Das kennen wir alle. Kranke erst recht.“
Die mutige Offenheit, mit der Pater Batlogg hier über das Erleben und Erdulden seiner Krankheit schreibt, ist beeindruckend. Wirklich schonungslos schildert der Jesuit die Verletzlichkeit seines Leibes wie seiner Seele – und öffnet uns dadurch die Augen für unsere eigene Verletzlichkeit (und die unserer Mitmenschen), wofür man ihm gar nicht genug dankbar sein kann! Gerade in der freimütigen Darstellung, die kein schlimmes Detail ausspart, ganz ehrlich von zeitweiser Inkontinenz und dem anfänglichen Ekel vor dem künstlichem Darmausgang spricht, geschieht eine befreiende und bereichernde Mit-Teilung von Krankheit und Leiden, die uns Leser/innen zu größerer Empathie gegenüber Kranken wie zum wacheren Bewusstsein der eigenen Endlichkeit befähigt, Ängste vor Leiden und Sterblichkeit zumindest ein Stück weit abbauen hilft, Trost und Ermutigung sein kann und ein gelassen und frei machendes Gottvertrauen vermittelt. Der Autor zitiert neben vielen anderen Schriftstellen (und Dichterworten) auch einen Vers aus Psalm 90: „Unsere Tage zu zählen lehre uns, dann gewinnen wir ein weises Herz.“ Dieses Buch kann uns auf dem Weg zu einem weisen Herzen ein entscheidendes Stück voranbringen! (Sankt Michaelsbund)
Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der Sankt Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.
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