Ostern: Ein Auftrag zur Selbstvergwisserung unterwegs ins Licht
Kommentar zum Ostersonntag von Karsten Steil-Wilke (20.4.2025)
Andreas Bourani hat 2014 den Song geschrieben „Ein Hoch auf uns!“. Einer der ersten Zeilen dieses Liedes heißt: „Wer friert uns diesen Moment ein?“ Zeilen, die gerade die Situation vieler Menschen auf den Punkt bringen. Wir kommen, gesellschaftlich wie kirchlich, aus einer Zeit jahrzentelanger Sicherheit und Stabilität. Diese Erfahrungen und Momente würden wir gerne für uns festhalten, eben „einfrieren“. Diese Zeiten scheinen gerade zu Ende zu gehen und wir sind in einem Übergang zu etwas Neuem. Vielen Menschen fällt es schwer aus dem einst sicheren Trott hinüber in eine Zeit der persönlichen Selbstvergewisserung und -sicherheit zu kommen. Der eigenen tiefen Verankerung in der (Glaubens-)Gewissheit, dass ich befreit aufleben und selbstbewusst handeln kann angesichts der Gewissheit, dass mir nichts etwas anhaben kann, über den Tod und alle vorgezogenen Anzeichen von Vergänglichkeit hinaus. Diese Zeit der äußeren Stabilität scheint mich bequem gemacht zu haben, den eigenen „Glaubensmuskel“ weiter zu trainieren. Die äußere Sicherheit und Stabilität hat mir möglicherweise den immer wieder neu zu vollziehenden inneren Aufbruch abgenommen. So auch im Oster-Evangelium. Die Jahre des sinnbildlichen und lebendigen Umherziehens und des Sehens, des Berührens mit Jesus selbst waren vorbei. Jesus war weg. Aber wo war er nun, wie können wir, so vielleicht die Fragen der Jünger damals und unsere heute, diese innere Vergewisserung, die uns im Alltag trägt uns bewahren und denen, die Jesus nie persönlich begegnet sind, weitergeben. Dem Dialog von Jesus und der Erfahrung von Maria von Magdala mit Jesus scheint dabei eine Schlüsselrolle zuzukommen (Johannes 20, 10-18).
Sie schaut anfänglich in das Grab hinein, sieht die Binden in die Jesus gewickelt war und weint vor Trauer erfüllt. Das ist ihr Zustand, zu dem steht sie. Im gleichen Moment sprechen Wesen, Engel, Boten des Himmelreiches, sie an: „Warum weinst du?“ Maria von Magdala antwortet draufhin: „Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wohin sie ihn gelegt haben.“ (Verse 10-13) Im gleichen Moment, in dem sie sich umdreht, begegnet sie Jesus, den sie anfänglich für den Gärtner hält. Er fragt sie: „Frau, warum weinst du? Wen suchst du?“ Daraufhin wiederholt sie ihre Aussagen und im Grunde bekennt sie ihm ihre Ohnmacht, sie würde das mit ihm erlebte, ihn als Person, die Momente in denen sie Glück und Sinn erlebte mit und durch Jesus, gerne festhalten. Erst als Jesus sie persönlich beim Namen nennt (Vers 16) (wieder-)erkennt sie Jesus. Und der gibt ihr desweiteren im Vers 17 einen Auftrag mit, der auch für uns heute ein Appell bleibt: „Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest.“ Wie schon beim „Brennenden Dornbusch“ für Mose, ist es auch hier für Maria die gleiche Erfahrung: Es ist wichtig, das eigene Berufungserlebnis zu kultivieren und zu pflegen, Tag für Tag neu, aber uns und unseren Gott nicht auf einzelne Erfahrungen und Gewohheiten zu reduzieren. Nur in einem täglichen spirituellen Leben, individuell und kollektiv, und der immer situativ und täglich neuen Vergewisserung der Gegenwart Gottes in der Eucharistie und im Teilen der Erfahrungen mit Anderen, kann mich dieser Jesus immer wieder neu an die Hand nehmen und von Übergang zu Übergang des Lebens mit mir weitergehen ins Licht, das keinen Abend kennt.