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Prälat Jean Pierre Kirsch: Von Dippach in die Katakombenwelt Roms

Jean Pierre Kirsch wurde am 11.12.1925 zum ersten Direktor des neu gegründeten Päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie ernannt.

Im Heiligen Jahr 2025 gab der Vatikan nur zwei gemeinsame Briefmarken‑Emissionen mit anderen Staaten heraus: Eine mit Italien zu den beiden Heiligsprechungen von Carlo Acutis und Piergiorgio Frassati und eine zum 100. Jahrestag der Gründung des Päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie, gemeinsam mit dem Großherzogtum Luxemburg. Letztere wird am 11. Dezember erscheinen, dem 100. Jahrestag der Verkündigung des Motu Proprio zur Eröffnung des Päpstlichen Instituts für christliche Archäologie (PIAC) 1925. In Luxemburg ist die Briefmarke bereits einige Wochen früher erschienen. Gründungsdirektor war der Luxemburger Diözesanpriester Jean Pierre Kirsch (1861-1941), der seit 1890 über 40 Jahre als Professor für Kirchengeschichte, Patrologie und Archäologie in Freiburg/Schweiz gewirkt hat.      Kirsch, ältestes Kind einer großen wohlhabenden Bauernfamilie, wuchs in unmittelbarer Nachbarschaft zur Pfarrkirche in Dippach auf. Seinen Vornamen geerbt hatte er von seinem Onkel Jean-Pierre Didier (1837 -1896). Dieser spielte im Redemptoristenorden, dem damals größten Orden in Luxemburg, eine entscheidende  Rolle als Visitator des Ordens in Südamerika zwischen  1870-1896. Ein  weiterer Onkel Jean-Jacques Didier war zwischen 1865-1879 Pfarrer in der Fels. Ein anderer Onkel war der Deputierte Jean Baptiste Didier (1794-1873).Über das Athenäum und die Priesterweihe 1884 führte ihn sein Weg noch im selben Jahr nach Rom, ins Collegium am Campo Santo Teutonico. Dort traf er auf das geistige offene Klima des „Sozialpapstes“ Leo XIII., der seit 1878 der katholischen Wissenschaft neue Impulse verliehen hatte und die vatikanischen Archive geöffnet.

Kirsch studierte an der 1884 gegründeten vatikanischen Schule für Paläographie und Diplomatik – damals eine wissenschaftliche Avantgarde. Die Nähe zu Kardinal Joseph Hergenröther, dem Präfekten der vatikanischen Archive, und die Begegnung mit dem „Vater der christlichen Archäologie“, Giovanni Battista de Rossi (1822-1894), prägten seinen weiteren Weg. Kirsch erwarb nach dem Tode de Rossis, dessen wissenschaftlichen Nachlass.

Bereits 1888 wurde der 26-Jährige erster Direktor des Historischen Instituts der deutschen Görres-Gesellschaft in Rom. Zwei Jahre später folgte er auf Vorschlag de Rossis, einem Ruf an die neugegründete katholische Universität Freiburg/Schweiz, wo er als Professor für Kirchengeschichte, Patrologie, christliche Archäologie wirkte und 1897/98 sogar deren Rektor wurde. Kirsch verband wie kaum ein anderer die Forschung in den römischen Katakomben mit der Lehrtätigkeit. Seine Studien über frühchristliche Kultbauten, die römischen Stationskirchen und die Finanzverwaltung des Papsttums machten ihn zu einer europaweit anerkannten Autorität. Nach dem Tod Kardinal Hergenröthers überarbeitete er dessen „Allgemeine Kirchengeschichte“ grundlegend und entwickelte ein neues Bild der Kirche in der antiken Welt.

Kirsch als Organisator, Netzwerker und Mentor

Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit formte Kirsch ein weit verzweigtes politisches und gesellschaftliches Netzwerk katholischer Gelehrter. Er gab Zeitschriften heraus, organisierte Kongresse und begründete gemeinsam mit Albert Ehrhard eine einflussreiche Zeitschriften-Reihe zur christlichen Literatur- und Dogmengeschichte.

Auch für viele Luxemburger Studierende in Freiburg war er eine zentrale Figur – darunter spätere politische Führungspersönlichkeiten wie Joseph Bech, Gaston Diederich, Pierre Dupong, Pierre Frieden und Nicolas Margue. Er förderte durch akademische Nachhilfe die junge Luxemburgerin Marie Speyer (1880-1914), die 1909 mit Hilfe Kirschs als erste Frau und dazu noch mit summa cum laude an der Universität Freiburg promoviert wurde. Dank Prof. Kirsch wurde die Uni Freiburg zur regelrechten Kaderschmiede für Luxemburger. Die erste katholische Studenten-Friedensbewegung Pax Romana entstand 1921 mit seiner aktiven Mitwirkung in der Univerisät Freiburg im Üechtland. Der Luxemburger Gründungspräsident von Pax Romana, Richard Maria Staud (1891-1970), hatte am Tag vor der Gründung seine Dissertation in Kirchengeschichte verteidigt.   

Auch viele bekannte Luxemburger Theologen gehörten in Freiburg zu den Schülern Kirschs: Neben Jean Joseph Zettinger (1873-1956) war es vor allem Nicolas Weyrich (1871-1936) aus Itzig, den Kirsch unter seine akademische Fittiche nahm. Er war seit 1900 in Freiburg und später, wohl auf Vorschlag von Kirsch, mehr als drei Jahrzehnte lang Kanzler der Universität Freiburg im Üechtland und leitete während der Besetzung Luxemburgs im 1. Weltkrieg die „Ligue des patritotes luxembourgeois à l`étranger“. Auch Joseph Lortz (1887-1975) aus Grevenmacher, der politisch von den NS-Machthabern in Deutschland verführt wurde aber als erster führender kath. Theologe ein positives Bild der Reformation entwickelte,  gehörte als Student zum Schülerkreis von Jean Pierre Kirsch. Als letzter fand Emile Donckel (1904-1979) über Kirsch den Weg in die Schweiz und schließlich auch nach Rom, wo er am Päpstlichem Institut für biblische Archäologie 1938 sein Doktorat in Kirchengeschichte erwarb.

J.P. Kirsch als Gründungsdirektor des Päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie

Seine höchste Auszeichnung erhielt Kirsch 1925 durch Papst Pius XI., der selbst historisch und archäologisch interessiert war, er übertrug ihm die Leitung des neu geschaffenen päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie (PIAC). Kirsch baute es in kurzer Zeit zu einer international renommierten Einrichtung aus. Seine „unbestechliche Wahrheitsliebe“, wie der Papst betonte, machte ihn zum geistigen Architekten des Instituts, dessen Vorlesungen und Seminare Forscher aus vielen Ländern der Welt anzogen. Im Wintersemester lehrte er in Rom, im Sommer in Freiburg.

1932 wurde der Kardinal Staatssekretär Eugenio Pacelli, auf Vorschlag von Kirsch, Großkanzler des PIAC in Rom. Vor einem internationalen Publikum von Historikern und Archäologen lobte der zukünftige Papst Pius XII.  die großen Verdienste des Luxemburgers und erläuterte gleichzeitig die hohe Bedeutung der christlichen Archäologie, da „es die Monumente des christlichen Glaubens und christlicher Frömmigkeit freilegt“. Kirsch war damals sogar für einen Kardinalshut gehandelt worden, wie ein J.P. Kirsch gewidmeter Sonderband der „Römischen Quartalsschrift“ der Görres Gesellschaft vor kurzem herausfand. 1932 wurde er immerhin zum Apostolischen Protonotar ernannt, was dem Titel eines Monsignore entspricht.

In Rom hatte J.P. auch die katholische Industriellenfamilie Puricelli aus Rheinböllen im Hunsrück kennengelernt. Sein Bruder Nicolas Kirsch (1866-1936) hatte 1895 die Hütten-Erbin Olga Puricelli geheiratet. Nicolas Kirsch Puricelli wurde 1925 auch Botschafter Luxemburgs in Berlin bis 1934. So wie  in den 1920er Jahren Schloß Colpach in Luxemburg für die Liberalen ein begehrter Treffpunkt war, übernahm jetzt Rheinböllen und Schloss Reichenstein am Rhein eine ähnliche Funktion für die Konservativen, am Schnittpunkt von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Kultur  und Kirche. Als Römer, Schweizer und Luxemburger zugleich konnte Prälat  Kirsch vermittelnd in Diplomatie und der großen Politik tätig werden. Es scheint, dass sich beide Brüder, Jean Pierre und Nicolas in diesem Bereich ein Leben lang sehr gut ergänzten.

Seit 1932 war Kirsch in Freiburg als Theologieprofessor emeritiert, Direktor des PIAC in Rom blieb er bis zu seinem Lebensende 1941. Zwischen 1926 und 1937 war Kirsch auch wieder Direktor des historischen Instituts der Görres Gesellschaft in Rom. Das PIAC und die Görres Gesellschaft halfen seit 1933 NS-Verfolgten aus Deutschland, wie dem Trierer Kirchenarchitekten Peter Marx und der deutsch-jüdischen Archäologin Dr. Hermine Speier (1898-1989) in der Archäologie des Vatikans eine Anstellung zu finden. Kirschs Sekretär in Rom war Pater Giulio Belvederi (1882-1959), der Pionier der christlichen Katakombenarchäologie. Belvederi hatte 1937 an der Priscilla Katakombe eine benediktinische Schwesterngemeinschaft gegründet, um das „Gedächtnis der frühchristlichen Grabkammern Roms zu bewahren“.  Die Benediktinerinnen der Priscilla Katakombe lebten nur wenige Meter von der Via Poggio Moiano der Luxemburger Franziskanerinnen entfernt, die dort in den 1930er Jahren auch ihre Ordensniederlassung gegründet hatten. In beiden Ordenshäusern wurden während der deutschen Besatzung Roms 1943/44 etwa 100 Juden versteckt. Jean Pierre Kirsch war bereits am 5. Februar 1941 im Alter von 79 Jahren verstorben. Er wurde auf dem Campo Santo Teutonico im Vatikan begraben, ganz in der Nähe, wo sein Forscherleben begonnen hatte.

                                              

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